Thursday, July 30, 2015

In neuem Kleid

Ich nahm mir letzte Woche einen Arbeitstag frei, um es in die BMW zu investieren. Ich wollte sie spätestens am Wochenende fertig und fahrbar haben.
Der Brüetsch tauchte um die Mittagszeit auf, um die Elektrik zu machen, und es ging alles recht gut voran. Die alten Nadelrollenlager in der Schwingenaufhängung mussten mit Fäustel und Meissel grob rausgeschlagen werden - was will man sonst machen, ohne hydraulische Presse. Beim einten Heizgriff rissen die feinen Kabeln. Zum Glück hatte der Nachbar einen Lötkolben, und der Brüetsch wusste damit umzugehen. Aber ehrlich - wer führt so Zeug fix durch einen Lenker, vor allem bei einem Enduro? Sollte nicht alles möglichst einfach unterwegs mit wenig Werkzeug reparierbar sein? Die F650GS ist schon eine einfach gestrickte Maschine, aber gewisse Merkmale lassen ein ob die praktische Veranlagung der bayrischen Ingenieure zweifeln.
Nach etwa 12 Stunden Arbeit hatten wir jedoch alles gemacht was gemacht werden konnte, ohne das Hinterrad einzubauen, denn die neue Bremsscheibe war noch nicht eingetroffen.
Es war einiges an Teile übrig geblieben, und die erledigten Arbeiten liessen sich sehen.
Neuer Lenker. Funktionierende Warnblinkanlage. 7 kg leichter dank ausgebautem ABS. Eine Schwinge, die wieder schwingen konnte. Vorderteil neu lackiert, schwarz matt, nicht professionell oder überall gleichmässig, aber annehmbar. 2.3L teilsynthetisches 10W-40, welches schön brav im Motor blieb. Kühlmittel - zwar keine 1.3L; es passte vorerst nicht soviel rein. Aber immerhin 1L. Ein ausgestecktes ABS-Warnlicht, also kein störendes rotes Leuchten mehr im Mäusekino.
Nun war es an der Zeit, den neuen Motor zu testen. Angeblich hatte er nur 9000 km drauf. Der Starter, sämtliche Leitungen, Zündkerzen und Elektrik war vom alten Mocken, was konnte da schon schief gehen...
Tja, ich weiss bis jetzt nicht was das Problem war, aber der Mocken wollte nicht starten. Ein späterer Test ergab, dass die Kerzen nicht funkten; am Benzin lags also nicht... Ziemlich enttäuschender Schluss für einen so guten Tag.
Am nächsten Abend, Freitag, war ich wieder in der Garage, und montierte die neue Bremsscheibe. Installation des Rades, alleine, war ziemlich anstrengend, aber ich schaffte es und die BMW konnte von der Decke abgehängt werden. Die Batterie war wieder geladen, also steckte ich die Zündkerzen wieder ein und drehte den Schlüssel. Alles leuchtete brav. Den Starter gedrückt, ohne grosse Hoffnung... Und plötzlich brubbelte der Einzylinder laut los, als ob er nie was anderes gemacht hätte.
Ein bisschen Öl auf dem Krümmer fing an zu rauchen, aber es gab kein Lecken, kein schmörzeln, kein Funken, kein Ticken oder Klacken oder sonstige üble Zeichen von Unstimmigkeiten. Ich freute mich wie ein kleines Kind.
Am Sonntag kam der Brüetsch ein letztes Mal vorbei, um die Elektronik zu kontrollieren und mir beim Einfüllen der Bremsflüssigkeit zu helfen. Das ging locker, und wir machten noch eine 40-Kilometer-Proberunde, ich mit der BMW, er mit der KTM. (Er war ziemlich genervt, dass der Street-Modus keine Wheelies zulässt.)
Die BMW schnurrte wie eine Katze; der neue Motor flutscht wie Butter. Drei kleine Sachen mussten noch gemacht werden: Den Schalthebel nach unten, die Bedienelemente nach oben (wieso, BMW, sind die fix mit Spiegel und Kupplungshebel verbunden?! Sowas von blöd!) und den Tacho zum laufen bringen.
Die ersten zwei Problemchen waren schnell behoben. Der dritte dann auch, einfach einen Tag später.
BMW, Genies die sie ja sind, speist den Tacho über den hinteren ABS-Sensor. Gut, also ABS-Ring und Sensor wieder einbauen.
Dann mussten, gemäss Anleitungen im Internet, zwei Kabelpaare im ABS-Stecker miteinander verbunden werden, da das ABS-Modul ja ausgebaut ist. (Bin ich froh, mussten wir das unnutze Ding nicht wieder reintun. Wäre nicht zu aufwändig gewesen, aber das ganze Gewicht doch noch rumschleppen, einfach weil die Geschwindigkeitsangaben via ABS-Block weitergegeben werden... Nö.)
In den Anleitungen im Internet hiess es, Braun-Weiss zu Gelb und und Schwarz-Weiss zu Braun. Der Brüetsch, gelernter Stromer, schnaufte verächtlich und meinte, das könne nicht stimmen, Braun ist ja Masse. Und er überbrückte es genau anders, Braun-Weiss zu Braun und Schwarz-Weiss zu Gelb. Und sieh an, er hatte recht. (Die im Internet erhältlichen Elektroschemen übrigens auch.) Der Tacho zeigt wieder an.
Zwei Monate Bauzeit, und das Ding lauft wie neu. Sieht auch fast so aus. Fast, halt abgesehen von den rauhen Stellen im Lack. Ich habe 300 km mit ihr gemacht, bei Hitze, Regen, Autobahn und Bergstrassen. Am Montag ist der richtige Härtetest - ca. 1000 km in zwei Tagen bei über 30°C. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass ich und der Brüetsch sauber gearbeitet haben und sie das meistern wird.
Endresultat
Das Projekt hat mir sehr viel gelehrt. Und wenn BMW meint, sie könnten ihre Mopeds so lästig kompliziert machen, dass man ohne Händlerstatus nicht dran rumwerkeln kann, so haben sie sich gewaltig geirrt. Das Wissen macht mir fast soviel Spass wie die Tatsache, dass diese Renovation Materialkosten von nur 1198.- hatte, im Gegensatz zur einer offiziellen Mechofferte von 1600.- (auch nur Material, ohne Arbeit). Und bei dem Preis wäre es nur darum gegangen, die Maschine durch die MFK zu schummeln. Der alte leckende Motor wäre drin geblieben, Kühlmittel wäre nicht gewechselt, die Schwinge wäre immer noch verhockt... Dafür hätten sie die Kette und Ritzel ersetzt, obwohl die nicht durch sind, und das ABS erneuert, wobei wer weiss ob das Steuergerät überhaupt noch funktioniert, nach mindestens fünf Jahren Auszeit.
Besser gemacht wie der Mech, jawohl. Da darf man stolz sein.




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